Ohnmächtige Mächtige in Unternehmen

In einem Interview mit der Management School St.Gallen spricht Rupert Lay, ein renommierter deutscher Wirtschaftsethiker, über Führungspersönlichkeiten, überforderte Manager und Kosten. Ein guter Chef definiere sich für Lay als Persönlichkeit, welche sich nicht von systemischen Zwängen beeinflussen lasse. Werde ein guter Chef auch geliebt, agiere er in einem Sympathiefeld, rechne sich das in sämtlichen Aufwandgrössen (soziale, finanzielle, psychische) wesentlich mehr als ein schlechter Chef.

Lay bedauert, dass es viel zu wenige Führungspersönlichkeiten gebe und merkt an: „Es gibt zu viele Führungskräfte. Nicht wenige sind überflüssig. Diese sollte man sofort entlassen, weil sie unnötige Kosten erzeugen.“ Der Unterschied zwischen Führungskraft und Führungspersönlichkeit liege darin, dass eine Führungskraft ein Systemagent voller Zwänge sei, während eine Führungspersönlichkeit innerlich frei sei. Systemagenten seien in diese Zwangswelt hineingewachsen und würden nichts weiter als die systemische Moral exekutieren.

Dabei fehle vor allem vielen Männern „die Erfahrung, dass man mit Zuwendung weiter kommen kann als mit Ellbogen“, deswegen würden sie sich mit Gewalt vorwärts bewegen. Im Gegensatz dazu würden Frauen grundsätzlich nicht so schnell zu Systemagentinnen werden, sie würden jenen Normen nicht so leicht folgen, die bloss dem Nutzen des Systems dienen, sondern naturgemäß jenen, die dem Leben dienen.
Aber das Einbeziehen ethischer Normen würde auch das Betriebsergebnis verbessern. Provokant meint Lay: „Jedoch sind Dummheit oder Misserfolg nicht strafbar. Manche Manager wissen es ja nicht besser.“

Viele Manager hätten begriffen, dass das Image eines Unternehmens geldwertig sei. Dabei zählen sowohl Aussenimage als auch das Image, welches nach Innen zu den bzw. durch die Mitarbeiter wirkt. Wenn das Aussen- und das Binnenimage jedoch nicht übereinstimmen, fehle es an Glaubwürdigkeit. Ein gutes Aussenimage mit gleichzeitig schlechtem Binnenimage funktioniere nicht. Das Binnenimage hänge unmittelbar mit den Führungspersönlichkeiten zusammen und habe Auswirkungen auf das Verhalten der Mitarbeiter. „Ein Mitarbeiter verlässt im Normalfall das Unternehmen, wenn es schlecht geführt wird. Und schlecht geführt wird es, wenn die Führungspersönlichkeiten fehlen. Also wenn die Chefs arme, kleine Würstchen bleiben!“

Quelle: Denkpausen, Inspirationen zu Management und Leadership, Edition No. 11, Management School St.Gallen, Better Business (2012)

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